NACHLESE >>> Saarbrücker Zeitung (SZ) von Sa., 28.05.2016
Video-Wand in Lisdorf darf weiterblinken
Gericht: Bauaufsicht hat LED-Wand zu Unrecht verboten
Einmal mehr musste die Stadt Saarlouis beim Versuch, gegen Video-Wände vorzugehen, eine juristische Niederlage einstecken. Eine flackernde LED-Wand in Lisdorf darf nun doch bleiben, entschied das Oberverwaltungsgericht.
Von SZ-Redakteur Johannes Werres
Saarlouis. Immer wieder zuckt die kommunale Bauaufsicht mit den Schultern, weil sie vom Gesetz her ohnmächtig dieser oder jener Bauabsicht zustimmen müsse, ihr also die Hände gebunden seien. Wie weit das bei Video-Wänden im öffentlichen Straßenbild geht, wollte jetzt die Untere Bauaufsicht (UBA) des Kreises Saarlouis wissen. Sie hatte zunächst eine Video-Wall, auch LED-Wand genannt, in der Metzer Straße verboten. Der Betreiber wehrte sich vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich gegen diese Anordnung.
Die UBA, eigentlich eine Kreisbehörde, hier aber wahrgenommen von einer städtischen Behörde, ließ das auf sich beruhen. Einen anderen Fall aber nicht. Die LED-Wand an einem Gebäude („Haus Rosenthal“, heute ein Casino) in Lisdorf sollte weg. Der Immobilienbesitzer klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht. Das bestätigte aber die UBA. Der Immobilienbesitzer zog vor das Oberverwaltungsgericht, die UBA zog mit.
Man wolle nun gerne wissen, wie die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Video-Wände sehe, sagte der städtische Justitiar, Bernd Schwarz, im Gerichtssaal. Sollte auch hier der Hausbesitzer obsiegen, könne die Behörde diesen Teil ihrer Tätigkeit künftig einstellen. Der Immobilienbesitzer obsiegte. Die LED-Wand kann bleiben.
Die UBA hatte sich auf die Landesbauordnung berufen, die auf das Jahr 1936 zurückgeht. Darin werden Werbeanlagen untersagt, die die Umgebung verunstalten oder, sinngemäß, ein Gebäude in seinen Charakteristika verzerren. Durchaus eine Grundlage für stadtplanerische Eingriffe.
Problem nur, wie der Präsident des OVG, Michael Bitz, in der Verhandlung durchaus süffisant und in seiner Urteilsbegründung sehr ausführlich erörtert: Entschieden wird aufgrund von Geschmacksfragen. Bitz zieht gar den deutschen Philosophen Immanuel Kant heran, wonach es keine objektive Geschmacksregel geben könne.
Nach dem Geschmack der Juristen der Zweiten Kammer des OVG kann an der Provinzialstraße, kurz vor der Autobahnauffahrt, nach keinem denkbaren ästhetischen Kriterium von schutzwürdiger Umgebung gesprochen werden. „Nicht ansatzweise“ sei zu erkennen, was für einen Schutz der mit Werbeanlagen gespickten Umgebung die Beseitigung einer LED-Wand bewirken könnte. Von einem „Unlust erregenden Gegensatz“ (so hat es mal ein anderes Gericht grundsätzlich formuliert) der Video-Wand zum Rest der Umgebung könne keine Rede sein.
Eine „krasse Verunstaltung“ des Gebäudes selbst mochte die Kammer ebenfalls nicht erkennen. Dabei spiele juristisch keine Rolle, dass das „Gesamterscheinungsbild des Gebäudes heute“ nicht mehr als schön zu bezeichnen sei. Es ist bepflastert mit Werbung, vor allem für das Casino, aber auch für das darüber liegende Antiquitätengeschäft. Würde man da ein einzelnes Objekt entfernen, ließe sich das Ziel der LBO gar nicht erreichen, „rechtmäßige Verhältnisse wiederherzustellen.“ Das OVG wies daraufhin, dass der Gesetzgeber der Kommune vor allem eingeräumt habe, die Dinge am Anfang zu regeln, also konkrete Bauvorschriften zu erlassen. (Az: 2 A 202/15)
Das Gericht erkennt keine krasse Verunstaltung des Gebäudes: Video-Wand („2008“) am Haus Rosenthal.
Foto: Hartmann Jenal